Der im Forschungsexposé enthaltene Zeitplan samt Forschungsdesign stellt die Grundlage, die „roadmap“ für die Durchführung des Forschungsvorhabens da.
Abweichungen von der „roadmap“ als Umwege, die die Ortskenntnis erweitern
Da wir es bei der Erforschung sozialer Systeme oft auch mit dynamischen lebenden Systemen zu tun haben, zumindest wir als Forscher erscheinen als solche lebenden Systeme, sind manchmal Abweichungen vom Zeitplan bei der konkreten Durchführung unumgänglich. Denn bekanntlich ist Leben das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen, wie John Lennon dies einmal formulierte. Solche Abweichungen können z.B. sein:
- Interviewpartner springen kurzfristig ab. (Im Zusammenhang mit experimenteller Psychotherapieforschung werden so genannte „intention to treat“ – Analysen durchgeführt, um keine systematische Verzerrung dadurch zu bekommen, dass z.B. vor allem sehr problematische Patienten abspringen und die netten, weniger „gestörten“ dabei bleiben…)
- Im Verlauf der Forschung ergeben sich neue Aspekte oder Fragestellungen, die weiter zu verfolgen lohnend wäre
- Eigene „life events“ machen eine Umplanung des Forschungsvorhabens notwendig
Im Kontext von Forschung ist jedoch notwendig (im Sinne der schon öfters erwähnten „Buchhaltung“), dass diese Abweichungen dokumentiert und in ihrer Auswirkung auf den Forschungsprozess und das Forschungsresultat reflektiert werden. Wichtiger als manchmal nicht zu vermeidende Abweichungen oder Störeinflüsse auszuschalten erscheint die Dokumentation und Reflektion über dieselben. Eine Ausnahme davon bilden experimentelle Laborstudien – aber selbst dort können unvorhergesehene Dinge passieren, welche dann die angestrebten kausalen Wenn-Dann-Aussagen einschränken.
Autoethnographie als Kybernetik 2. Ordnung
Ein großes Unbehagen an Forschung, vor allem an jeder Form von Forschung, die irgendwie experimentell, von außen beobachtend daherkommt, wird immer wieder von systemischen Vertretern einer dezidierten Kybernetik 2. Ordnung vernommen. Um diesem, aus unserer Sicht berechtigten, Unbehagen im Kontext systemischer Forschung Rechnung zu tragen, empfiehlt es sich sehr, eine Art kleinen Extra-Forschungsstrang parallel mitlaufen zu lassen. Dieser Forschungsstrang beinhaltet die Aufzeichnung der (sehr) persönlichen Eindrücke des Forschers im Verlauf der Auseinandersetzung mit dem Forschungsvorhaben. Dies ermöglicht das Ins-Verhältnis-setzen des „Forschungsgegenstands“ mit den Konstruktionen des Forschers. Diese Form der Sozialforschung wird manchmal auch als Autoethnographie bezeichnet.
(Hier folgt noch eine Anleitung für autoethnographische „Neben“-Stränge bei systemischen Forschungsvorhaben…)