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„Die Wissenschaft“ als Auftraggeber – oder: Stand der Forschung

Hilfreich kann sein, sich „die Wissenschaft“ als Auftraggeber (als einen von mehreren) vorzustellen, sich den Forschungsstand zur eigenen Fragestellung vor Augen zu führen: Was könnte „die Wissenschaft“ wohl von einem selbst, der in dem Bereich auch forscht, wollen? Und wie bei Auftragsklärung im Zusammenhang mit Therapie und Beratung muss man sich im Anschluss daran fragen: Möchte ich den Auftrag erfüllen? Welche guten Gründe gibt es dafür, dies zu tun bzw. nicht zu tun (z.B. divergierende Aufträge)? Diese Auftragsklärung kann zudem – im Sinne der Buchhaltung“ – transparent und methodisch stringent dokumentiert werden.

Ein Forschungsantrag beginnt üblicherweise mit einem Überblick zum Stand der Forschung zur Fragestellung des Projekts. Hierzu werden relevante Befunde und Überlegungen aus der Fachliteratur knapp skizziert. Dabei sollte klar werden, wie der eigene Beitrag sowie das eigene Forschungsvorhaben einzuordnen sind. Das heißt aber auf keinen Fall, dass hier die komplette Literatur des Forschungsgebiets besprochen werden sollte. Vielmehr sollte möglichst kurz zusammengefasst werden, welche Arbeiten für das Projekt wirklich relevant sind. Der Stand der Forschung soll hier knapp und präzise in seiner unmittelbaren Beziehung zum konkreten Vorhaben und als Ausgangspunkt und Begründung des eigenen Projekts dargestellt werden. Dies ist aus unterschiedlichen Gründen wichtig:

  • Es macht wenig Sinn eine Fragestellung zu untersuchen, die, wäre die entsprechende Literatur zu Rate gezogen worden, auch ohne Forschungsprojekt hätte beantworten können.
  • Zur Forschung gehört immer Methodik, Systematik und Transparenz. Der Überblick zum Stand der Forschung ermöglicht die systematische Einordnung der spezifischen Forschungsfragen des Forschungsvorhabens einen größeren theoretischen und empirischen Kontext – und zugleich Transparenz bezüglich dieser Einordnung.
    Häufige Fehler bei der Darstellung zum Stand der Forschung (vgl. auch Schwarzer, 2001):
  • Ohne Bezug zur eigenen Forschungsfrage langatmig über den Forschungsgegenstand referieren.
  • Das Vorhaben in einem wichtigen Forschungsstrang verorten, dann aber nicht auf dem neuesten Stand der Debatte sein (auf wichtige Bücher und Zeitschriftenartikel zum Thema nicht eingehen; laufende Debatten zum Forschungsgegenstand nicht erwähnen; neueste Forschungsergebnisse nicht zur Kenntnis nehmen).
  • Literatur anführen, aber nicht zeigen, dass sie inhaltlich integriert worden ist (»name-dropping«).
  • Theorien und Hypothesen erwähnen, sie aber im folgenden Verlauf nicht mehr als Bezugs- oder Ausgangspunkt des Forschungsvorhabens verwenden und dies auch nicht erläutern.

Grundsätzlich empfiehlt sich bei der Darstellung des Stands der Forschung die „Trichter-Strategie“ (immer genauer werden): vom allgemeinen zum speziellen des Forschungsvorhabens verengen.

  • Literaturrecherche und –studium

Der systemtherapeutische Theoretiker Fritz B. Simon hat einmal sinngemäß gesagt, wer etwas Neues erforschen möchte, der solle am besten hierzu wenig lesen. Denn neue, kreative Ideen entstehen selten durch das Aufwärmen von bereits Bekanntem. Deshalb empfiehlt es sich eben, wie oben bereits ausgeführt, das eigene Forschungsinteresse, die eigene Erkenntnislust, den eigenen Vertiefungswunsch zu priorisieren – und erst an zweiter Stelle sozusagen in die Bücher zu steigen.

Für das Literaturstudium empfiehlt sich: Legen Sie sich Ordner für Literatur zum Forschungsprojekt an, am besten mit einer thematischen Ordnungsstruktur (banal, wird aber häufig vergessen); eine Literaturdatenbank speziell für Ihr Projekt (hierzu gibt es verschiedene Software, z.B. Endnote) ist zu empfehlen; wenn Sie sich Zitate aus der Literatur notieren, vergessen Sie nicht Literaturstelle und Seitenzahl mit zu notieren (auch banal, wird aber ebenfalls häufig vergessen, wie die Autoren aus eigener leidvoller Erfahrung wissen…)

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