Mit „Libido“ forschen
Grundsätzlich ist zu empfehlen, eine Forschungsfrage und –methode zu wählen, die einen auch wirklich interessiert und im positiven Sinne aufregt, anregt und berührt. Man spricht nicht umsonst von „Erkenntnislust“. Spürt man sie nicht, kann Forschung zu einem zähen und langweiligen Unterfangen werden.
- Worüber würden Sie unbedingt gerne mehr wissen? Was würden Sie brennend gerne besser verstehen? Wo haben Sie einen eigenen „Vertiefungswunsch“?
- Zu welcher Thematik würden Sie sich sehr gerne zum Experten entwickeln?
- Welche (Forschungs-)Fragen ziehen Sie magisch an?
- Welche (Forschungs-)Fragen und –Themen entfachen in Ihnen Leidenschaft und Feuer?
- Welche Frage(n) beschäftigen Sie tief im Inneren und würde Sie in ihrer Entwicklung bedeutsam voranbringen?
Wie weiter unten deutlich wird, kann aus systemischer Perspektive die eigene Erkenntnislust nur ein „Auftraggeber“ von mehreren sein – auch diese (die Erkenntnislust) sollte immer in Kontexten sich entfaltend gedacht werden.
Kontexte der Lust
Eine gute alte Coaching-Weisheit lässt sich auch auf Forschung übertragen: Eliminiere alle „du solltest“ im Zusammenhang mit Forschung, wie z.B.:
- „ich sollte meine Praxis beforschen“
- „ich sollte promovieren“
- „wir sollten Qualitätsmanagement durchführen“
Die Überlegung hinter diesem Vorschlag ist, dass alle „du solltest“, die man sich schon länger als ein Jahr selbst erzählt, selten zum Erfolg führen (Miedaner, 2002). Man kennt das etwa von Themen, wie „Abnehmen“, „Sport machen“ oder „mehr Geld sparen“. Coaching-Ratgeber empfehlen z.B. – ganz im Einklang mit systemischer Konzeption, die die Relevanz des Kontextes für Verhalten und Motivation betont – sich Umgebungen zu suchen, die Lust auf Forschung machen:
- besuchen Sie Forschungstagungen, die sich für Sie wirklich interessant anhören/zu ihrem Thema/ihrer Forschungsmethode passen
- lesen Sie Forschungsartikel und Fachzeitschriften, die Sie irgendwie ansprechen
- nehmen Sie an (überregionale, online, etc.) Forschungskolloquien teil
- sprechen Sie mit anderen Praktikern, die auch gerne forschen würden
Aber letztlich, wie gesagt, hängt es natürlich von der „Auftragslage“ ab, was und wie erforscht werden kann und was und wie nicht… und da ist die eigene „Forschungslibido“ „nur“ eine von mehreren Stimmen – allerdings eine, die u.E. (aus unserer auch vorhandenen humanistischen Orientiertheit heraus) zu priorisieren ist.