ein Gemeinschaftsprojekt von

Mark Fox, Peter Martin & Gill Green (2007). Doing Practitioner Research. London: Sage

Es ist ein Jammer, dass das vorliegende Buch nicht auf Deutsch erhältlich ist, da es m.E. eine exzellente Einführung in Forschung für Praktiker ist. „Practitioner research“ unterscheidet sich weder im Sinn und Zweck von sozusagen akademischer Forschung, nämlich die Gewinnung von Erkenntnis (mit all ihren relativen Aspekten), noch verfügt sie über einen distinkten Methodenkanon. Der wesentliche Unterschied zwischen „Practitioner research“ und akademischer Forschung besteht in der Position und Rolle des Forschers im Forschungsprozess. Ein practitioner researcher ist ein Forscher, der innerhalb der Einrichtung, der Institution, in der er praxisbezogen tätig ist (etwa als Pädagoge einer Tagesgruppe, als Lehrer einer Schule, als Psychotherapeut in eigener Praxis), gleichzeitig forscht. Diese besondere Position unterscheidet ihn von einem Forscher, der etwa aus der Uni kommend sich einen Gegentandsbereich in der Praxis nähert.

Im ersten Kapitel wird quasi Forschung im Kontext betrachtet – und zwar in einer Art und Weise, wie sie für Praktiker hilfreich sein kann: Es wird verdeutlicht, dass es verschiedene „Forschungswelten“ gibt, etwa eine „objektive Welt“, eine „sozial konstruierte Welt“ und eine „individuelle Welt“. Diese Einteilung mag man mit guten Gründen kritisieren, sie kann aber m.E. erst einmal als Groblandkarte gut dienen, um sich in Forschungswelten als Praktiker zurecht zu finden. Es wird auf die verfügbare Forschungsmethodenvielfalt eingegangen, um sich den unterschiedlichen Forschungswelten zu nähern: Zudem wird die Unterscheidung zwischen qualitativen und quantitativen Methoden eingeführt, u.a. mit dem richtigen Hinweis, dass eine Kombination beider Methodentraditionen für Praxisforschung wohl als am meisten angemessen gelten kann, da sich Praxis oft durch Komplexität auszeichnet, der sich durch qualitative und quantitative Methodenkombination am besten angenähert werden kann.

Im zweiten Kapitel wird zum kritischen Reflektieren von Praxis und Forschung angeregt, indem zwischen verschiedenen Erkenntnisformen/Formen des Wissens unterschieden wird, wie etwa verschiedene Formen professionellen Wissens (z.B. Prozesswissen, persönliche Vorerfahrung, wertorientiertes Wissen). Es wird vorgeschlagen, auch eine externe Position zur eigenen Praxis einzunehmen, um zu verstehen, wie diese sich aus Sicht der Forschung darstellt und welche „Umweltfaktoren“ ein mögliches Forschungsdesign beeinflussen können und berücksichtigt werden müssen. Letztlich wird empfohlen, dass Praxisforscher solcherart Forschungsvorhaben durchführen, die ihr eigenes professionelles Wissen gewissermaßen „herausfordert“.

Hierfür eignet sich hervorragend der Ansatz, der in Kapitel 3 beschrieben wird, nämlich Forschung als Aktionsforschung zu verstehen, die etwa organisationale Entwicklungsprozesse beinhaltet. Hierzu ist es jedoch notwendig, die Vor- und Nachteile gut zu kennen, die damit zusammenhängen, wenn man seine eigene Institution beforscht. Deshalb werden diese in einem ganzen Kapitel (Nr. 4) reflektiert. Im selben Kapitel wird zudem für eine Kombination von Prozess- und Ergebnisforschung beim „Practitioner research“-Ansatz plädiert.

Das Kapitel 5 veranschaulicht dann nochmals systematisch die Stärken und Vorteile, wenn man als Praktiker seine eigene Praxis beforscht: So fördert Forschung systematisches Denken und Handeln in der Praxis. Es werden wesentliche Elemente gelingender Praxisforschung aufgeführt, wie die Konzentration auf Veränderungsprozesse in der Praxis, auf praxisbezogene Reflektionsprozesse sowie auf Kooperation/Kollaboration. Zudem wird richtig und wichtig darauf hingewiesen, dass die Probleme der Praxis nicht durch die systematische Anwendung Evidenz basiertem Praxiswissen alleine gelöst werden können – was sich auch in der Verwendung von adäquaten Forschungswerkzeugen ausdrücken muss, die an die individuellen, spezifischen Praxisgegebenheiten in gewisser Hinsicht angepasst sind.

In Kapitel 6 werden dann ethische Fragen diskutiert und in Kapitel 7 Möglichkeiten aufgezeigt, wie Forschungsdesigns in Praxisforschung sich gestalten können, wie Forschungsanträge speziell für Praxisforschungsvorhaben geschrieben werden und wie flexibel bzw. kontrolliert Forschung im Praxisfeld sein kann und muss. Schön sind auch die hier aufgeführten Selbstmanagementanregungen, die dabei helfen können mit der Doppelrolle als Praktiker und Forscher in seiner Institution besser klar zu kommen.

Kapitel 8 fokussiert dann auf die Rolle der Patienten/Klienten/Kunden der Institution, in der man tätig ist als Praxisforscher – und darauf, wie diese im Forschungsprozess verstanden werden kann. In Kapitel 9 werden Tipps gegeben, wie man seine Forschungsergebnisse zu Papier bringen kann und in Kapitel 10 sich damit beschäftigt, wie man den Nutzen der Forschung für die eigene Praxis optimieren kann. Im letzten Kapitel geht es dann nochmals darum, wir man sich zu einem professionellen Praxisforscher entwickeln kann.

Zusammengefasst gefällt das Buch nicht nur durch seinen Inhalt, der leicht verständlich vermittelt wird, sondern auch durch die vielen, diesen Inhalt ergänzenden und veranschaulichenden Tabellen, Grafiken und Bilder. Wie anfangs erwähnt, wäre eine deutsche Übersetzung des Buches toll, da viele Praktiker sich nicht sonderlich gerne an englischsprachige Texte wagen – was aber bei dem vorliegenden Buch mehr als lohnenswert wäre.

M. Ochs

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