ein Gemeinschaftsprojekt von

Christiane Schiersmann, Heinz-Ulrich Thiel (Hg.) (2012). Beratung als Förderung von Selbstorganisationsprozessen. Empirische Studien zur Beratung von Personen und Organisationen auf der Basis der Synergetik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht (341 S.)

Dr. phil. Christiane Schiersmann ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Weiterbildung und Beratung an die Universität Heidelberg. Dr. phil. Heinz-Ulrich Thiel ist Diplom-Psychologe, Organisationsentwickler und Supervisor sowie Dozent an der Universität Heidelberg. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Beforschung von Beratungsprozessen im Kontext von beruflicher Beratung und Organisationsentwicklung auf Grundlage der generischen Prinzipien. Die von Haken und Schiepek (2010) auf der theoretischen Basis der synergetischen Systemtheorie entwickelten generischen Prinzipien können als konzeptueller Rahmen für Selbstorganisationsprozesse in Beratung verstanden werden und dafür wie solche Prozesse umgesetzt werden können. In diesem Herausgeberband sind nun vor allem Texte versammelt, die sich der empirischen Anwendung der generischen Prinzipien in verschiedenen Beratungsfeldern widmen.

Schiersmann und Thiel selbst entwickeln in ihrem sehr lesenswerten Einführungstext zunächst einen Argumentationsrahmen, weshalb jenseits von Therapie- und Beratungsschulen sowie –formaten eine Konzeptualisierung allgemeiner Wirkfaktoren und –prinzipien nicht nur vertretbar sondern geradezu notwendig erscheint. Sie rekurrieren hierbei u.a. auf Grawes Modell hierzu, um dann eben die generischen Prinzipien als einen potenten Ansatz hierzu vorzuschlagen. Günter Schiepek und Heiko Eckert erläutern in ihrem Beitrag ihr Verständnis von Prozessmonitoring und Evidenzbasierung, das ebenfalls auf den Grundkonzepten der Synergetik und den aus diesen abgeleiteten generischen Prinzipien basiert. Bemerkenswert ist, dass hierbei eine ganz eigene Fassung von Evidenzbasierung entsteht, eben eine „systemische“, die sich deutlich von dem unterscheidet, was damit etwa in der evidenzbasierten Medizin oder Psychotherapie (Fydrich & Schneider, 2007) gemeint ist.

In weiteren Artikeln werden von verschiedenen AutorInnen (die meisten aus der Arbeitsgruppe von Schiersmann und Thiel) spezifische Beratungsfelder anhand der generischen Prinzipien empirisch beleuchtet: verschiedene Formen von Berufsberatung (Ariane Wahl, Martin Behaule, Peter Weber), Coaching (Johanne Hein) sowie Organisationsberatung (Heinz-Ulrich Thiel und Christiane Schiersmann). Ein weiterer Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie Systemkompetenz von Beratern vor dem Hintergrund der generischen Prinzipien entwickelt werden kann.

Die Beiträge dieses sehr gelungenen Herausgeberbands machen deutlich, dass sich die Grundkonzepte der Synergetik eben nicht nur dafür eignen, physikalische Phänomene, wie die Entstehung des Laserlichts, oder thermodynamische Phänomene, wie die Bénard-Instabilität, zu erklären, sondern tatsächlich auch mittels der generischen Prinzipien auch, um Komplexität in Beratungssettings zu erfassen, ohne dabei eben diese Komplexität unzulässig zu trivialisieren und durch einfache Ursache-Wirkungszusammenhänge zu simplifizieren.

MO

Literatur:
Fydrich, T. & Schneider, W. (2007). Evidenzbasierte Psychotherapie. Psychotherapeut, 52, S. 55-68.
Haken, H. & Schiepek, G. (2010). Synergetik in der Psychologie. Selbstorganisation verstehen und gestalten (2. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.

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